6 Amlikon – Steg

Dienstag, 6. April 2004, 34 km

Wetter: Sehr kalt, Regen, Schneesturm

Um 5:00 stehe ich auf, stockdunkel, richte meine Sachen und gehe durchs Freie runter zum Hof in den Frühstücksraum. Kein Licht, aber zwei polnische(?) Knechte, die sich (und zunächst auch mich) rauchend aus dem dunklen Raum drängen. Kein Lichtschalter funktioniert. Muss wohl irgendwo zentral gemacht werden. Mein Handy hat ‘ne eingebaute Taschenlampe. Kann ich jetzt gut gebrauchen.

Nach einer Viertelstunde herumtappen, geht das Licht plötzlich an, und der Jungbauer kommt verschlafen rein. In einem Schrank finde ich Brot, im Kühlschrank frische Kuhmilch und Butter. Na also.

Raus in den Regen. Es ist so kalt, dass ich keine Pause mache und über die Höhen und durch die Wälder durchmarschiere. Der Weg ist hervorragend markiert, man braucht eigentliche keine Karte. An einem winddurchtosten Stück ruft meine 96-jährige liebe Schwiegermutter an; da ich dabei stehenbleibe wird mir so kalt, dass ich das Gespräch gleich wieder abbrechen muss.

Der Weg führt teilweise steil in die Hänge und kehrt dann doch zur Straße zurück. In Fischingen will ich Pause machen, dann muss ich noch rauf übers Hörnli. In gemütlichem Gasthof, der Sohn der Wirtin bedient, ein weiches Gesicht mit dunklen Augen, dunkel umrandet, wie die Mutter. Er schiebt mir wortlos einen Stapel Bücher über den Jakobsweg hin. Ich nehme das Tagesmenü: Wunderbar heiße Kartoffelsuppe, dann Broccoligemüse, Nudeln und herrlich zartes Gulasch. Wunderbar. Dazu 2 Apfelsaftschorle und anschließend noch einen Kaffee.

Im obersten Buch ist ein Lesezeichen. Ich schlage das Buch dort auf: Ein Gedicht aus der Kirche St. Margarethen, gleich in der Nähe, über Margret, die Perle in der Muschel. Ich bin konsterniert. Das hatte ich nicht erwartet. Perle in der Muschel ist der Inhalt meines Liedes zu ihrem 50. Geburtstag. Während ich den Text abschreibe kommt die Sonne raus. Als ich wieder starte öffnet der Himmel seine Schleusen: es gießt Schneeregen; da kann keiner meine Tränen sehen.

Ich steige die Wege hinauf zum Hörnli, steil nach Allewind, es gießt, ich bin vollkommen durchnässt, der Schneeregen geht in Schneesturm über, nur den Weg im Wald kann ich noch deutlich erkennen. Das Gasthaus am Hörnli, wo ich ursprünglich übernachten wollte, hat Betriebsferien, verlassen und sturmumtost. Ich starte in das Weisse, ungefähr in der Richtung, die mir Karte und Kompass weisen. Ein zugewehter Wegweiser: Jakobsweg über den Grat und Steg übers Sträßli. Bei Grat denke ich schon bei schönem Wetter ans Runterfallen, Sträßli erscheint mir sicherer. Schnee faucht von unten aus dem Tal, der Weg wird zum Pfad, gerade noch zu erkennen. Dank meiner Stöcke komme ich recht gut vorwärts. Weiter unten wirds ruhiger und ich bin schließlich erleichtert in Steg. Zimmer im “Gasthof am Steg”. Alles ausgepackt und zum Trocknen verteilt. Da Ruhetag, nix zu essen. Ich esse meine Reste und bin zufrieden. Gut geschlafen.

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