12. Tag Bernshausen – Gersfeld

Bernshausen-Gersfeld 51 km
6412 Gersfeld/Rhön
Jugendherberge
Jahnstraße 6
06654/340

Strahlender Sonnenschein, aber kühl. Bis zum Start schlendere ich noch ein wenig durch den Freibereich der Jugendherberge und sehe mir die heutige Strecke auf Christophs Karte an.

Wir steigen durch feuchte Morgenwiesen hinauf zum Horn. Von dort aus atemberaubender Blick nach Süden über Wiesenthal hinweg. Wir sind alle guter Laune. Die Stimmung ist rosig.

Steil hinunter, zunähst noch markierter Weg, dann durch Buschwerk und Wiesen direkt auf das Dorf zu. Parallel zu uns Bernd der seinen eigenen Weg sucht. Er hat Probleme mit seinen Beinen, bekam eine Cortisonspritze und will es heute alleine versuchen.

Kurze Rast an der Kirche. Eine unserer Damen weint. Warum weiß ich nicht.

Wir kommen zügig voran. Ein lang ansteigender Wiesenhang in der Sonne mündet im Wald. Wir wenden uns leicht nach links, südostwärts. An einer Gabelung rechts ein etwas steilerer Fahrweg hinab ins Tal. Nach weiten Wiesen liegt vor uns Diedorf. Wir warten wieder, bis wir alle beisammen sind. Leicht ansteigender Weg über grüne Hänge. Gisela rümpft die Nase: Fastendünste hängen über der Gruppe. Bin ich froh, daß mein Riechorgan nicht mehr so gut funktioniert.

Steil hinunter nach Klings. Erinnert mich etwas ans kleine Walsertal, nur nicht so hohe Berge rundherum.

Bis hierher haben alle Abkürzungen gut funktioniert; jetzt folgen wir jedoch einer Markierung statt besser unserer Nase: 4 km Umweg. Wir hätten doch rechts hinauf sollen!

Es fängt wieder an zu regnen.

Über nasse Forstwege, eine feuchte Wiese den Hang hinauf, Elektrozäune, frierende Kühe. Wir frieren auch.

Frankenheim, 15:30 Uhr. Wir stürmen den Saloon! Schorle, Kaffee, heiße Zitrone – was das Herz begehrt! Aber mit Begeisterung bedient werden wir nicht; offensichtlich sind wir dreißig Gäste der Bedienung eher lästig.

Wir lassen Frankenheim hinter uns, es sieht von Süden aus wie eine Barackensiedlung. Links weiter Blick in blaugraue Rhön, vorne ein Wachtturm auf einer Anhöhe; die Grenze.

Wir sind wieder in der Bundesrepublik. Der Rhönhöhenweg ist hier wie ein Veloursteppich aus Rasen – weich, federnd, so richtig was für uns verweichlichte Wohlstandsbürger. Es bleibt eisig, gelegentlich peinigender Regen.

Herrlicher Blick nach Westen über ein weites Tal; die Wolken spielen schwarz, grau, weiß.

Langer Asphaltweg zu einem Sender, dann über weiche Matten wieder bergab. Gewitterstimmung, Regen. Pause in einer offenen Wanderhütte. Es kann nicht mehr allzu weit sein. Mir tun die Füße weh und ich werde nun doch etwas müde. Es wird lang. Sumpflehrpfad; hübscher aber endloser Serpentinenabstieg hinunter nach Gersfeld.

Im Tal eine üppige, leuchtende Blumenwiese. In dieser Fülle habe ich das noch nie gesehen. An einem Bach entlang weicher Pfad hinein in den Ort. An einem Hotel steht unser Begleitbus. Das ist doch nicht die Jugendherberge?

Wir erfahren, daß Bernd, trotz seiner Spritze, hier nochmal beim Arzt war, der ihm den Weitermarsch verboten hat.

Jugendherberge, am südlichen Ortsrand, leicht am Hang. Gemüsebrühe, stark gepfeffert.

Langer, lieber Brief von Margret. Auch an Christoph hat sie einen beigelegt, mit Foto von durchlöcherten Wanderschuhen und Zeitungsausschnitten, die von der Wanderung berichten; aber er interessiert sich nicht dafür. Ich soll ihn den Anderen vorlesen. Na so was!

Ich bin fertig heute. Meine Füße fühlen sich schlecht an, klumpig, die Sehne beißt. Mit Mühe richte ich mein Bett, Fußpflege. Wieder Alpträume. Wohin mit den schmerzenden Füßen? Selbst im Liegen tun sie gemein weh; ich weiß gar nicht, wie ich mich wenden soll, um sie zu beruhigen. Ich versuche, zu schlafen; morgen haben wir 50 km vor uns. Oh je! Als ich gerädert den Morgen erwarte fühlen sich die Beine und Füße zum ersten Mal morgens genauso schlecht an wie am Abend zuvor.

Ich habe mir wohl doch etwas zu viel zugemutet.

596 km

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