65 Burgos-Castrojeriz

Freitag, 4.Juni 2004, 42 km

Wetter: Sehr heiß

Finde den Weg aus der Stadt gut. Am Ortsende hat ein Bäcker schon geöffnet: 2 Chocoladrines, leichte Croissantteigrollen mit Schokoladefüllung. Eß ich gleich während des Gehens.

Zunächst Straße, aus anliegender Pilgerherberge kommt finster blickender Originalpilger (Pilgerhut, krummer Holzstock, Bart, Muschel um den Hals; irgendwie habe ich immer das Gefühl, die wollten einem zeigen, wie man richtig zu pilgern hat.).

Dann rechts auf staubige Piste. Alle Autos fahren hier rücksichtslos zu schnell. Ich beschließe, in Straßenmitte zu marschieren, um die Fahrer zur Langsamkeit zu zwingen. Gelingt tatsächlich. Dann staubender Baustellenverkehr mit Großlastern bis Villabilla. Landstraße nach Rabe, geht flott, auch gegen die Laster. In Tardajos muss ich einkaufen, ist einziger Laden auf der ganzen Strecke heute. 3 Hefeteilchen mit kühler Vanillecreme verputz ich gleich. Schlängelpiste durch leichte Hügel nach Rabe de las Calzadas.

Gehe nicht den längeren Weg, der links schnurgerade in die Landschaft führt, muss meine Füße schonen. Über Hochebene langsam ansteigend nach Hornilles. Am Ortseingang Schafherde hinter geduldig zottelndem Esel. Eine Gruppe von 4 Franzosen kommt durch mich zu einem Gemeinschaftsfoto. Als ich dann die Schafherde fotografieren will, stellt sich einer von ihnen direkt vor mich, um selbst zu knipsen. Meinen vorsichtigen Protest versteht er aber sofort und springt zur Seite. Nach der Herde kehrt eine Frau die Knüddel weg (kann man links hinten am Ortsausgang erkennen).

Hübsche Kirche, aber zu. In der Bar frage ich nach dem Schlüssel. Hat Juan, da unten. Ich also wieder runter. Die Knüddelkehrfrau ist gleichzeitig auch Juanfrau. Nix Schlüssel, Juan nicht da. Ich soll in der Herberge schlafen, nicht in der Kirche. Weder durch Gesten, noch durch Sprachbrocken kann ich ihr begreiflich machen, dass ich nur singen will. No, No. Resolut.

Ein deutscher Bus quält sich durch die enge Straße. Den Inhalt treffe ich nachher am Weg, eine Schulklasse, die ein Stück Jakobsweg kennenlernen soll. Sind Sie Jakobspilger? Darf ich mich mit Ihnen fotografieren lassen? So kommt man ins Fotoalbum von Halbwüchsigen.

Endloser Weg auf endloser Hochebene. Beeindruckende Landschaft. Wind treibt Schäfchen über die Felder. Sehr einsam. Jakobspilger haben überall Steinmännchen gebaut.

Links ein Schild: Hontanas 0,5 km. Wo soll das sein? Müsste ich doch längst sehen?! Vorne am Weg hat jemand offensichtlich einen kleinen tibetanischen Tempel aufgebaut; eigenartig in dieser Gegend. Der Tempel wächst rapide nach unten und entpuppt sich als die Glockenstube eines ausgewachsenen Kirchturms.

Hontanas duckt sich ganz dicht in ein Tal, das man von der Hochebene aus nicht erkennen kann. Je näher man kommt, um so mehr entblättert sich das Dorf. Lange genussvolle Pause im Schatten der Kirche. Das Dorf ist sehr hübsch, gepflegt. Zwei Deutsche. “Grüß Gott!” “Ach, ein Schwabe, wo kommen Sie her?” “Aus Ulm” “Na, das ist ja nicht mehr Schwaben.” (Eine Aufgabe für die Ulmer Public-Relations-Abteilung im Rathaus!)

Am Talhang entlang, schön, heiß, Franzosen vor mir. Am Ortseingang von St. Anton, einer alten Klosteranlage, schickt sich einer an, zu fotografieren. Ich biete mich an, alle 3 aufs Bild zu bannen. Der Andere lehnt schroff ab, legt seine Hände zusammen, (Dürers Betende Hände), sie wollen jetzt in dem Kloster beten, nicht fotografieren. Compris? Ja, ist ja recht, fühle mich aber trotzdem vor den Kopf gestoßen.

Durch den historischen Gewölbebogen weiter auf der Landstraße, die als Allee direkt auf Castrojeriz zuführt. Stiftskirche am Ortseingang zu, erste Dorfkirche zu. Heiß. Nettes Hotel. Auf Plätzchen davor 2 Radler und Tagebuch. Ein alter Mann führt rührend seine Frau spazieren, deren beide Beine fest bandagiert sind. Hätt’ ich mir mit Margret auch gewünscht.

Die winzige Bar hat tatsächlich einen gut funktionierenden Internetanschluss. Ortsbummel. Am anderen Ende gibts noch eine schöne Kathedrale St. Juan. Offen. Eintritt 1Euro, aber ich kann singen,       Laudate . Da wird der Tag doch rund, selbst wenn der Mesner nur noch zwei Zähne in seinem fröhlichen Mund hat.

Reichlich Wein, gut geschlafen.

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