47 La Romieu – Montreal

Montag, 17. Mai 2004, 38 km

Wetter: heiß

Anfangs viel auf und ab meist an Feldrändern, immer noch häufig morastige Stellen. Der Wanderweg wird, soweit möglich durch schattige Bereiche geführt. Da trocknets dann halt auch weniger schnell. Manchmal kann man auf angrenzende Felder ausweichen. Da dies tausende tun, sehen die Feldränder entsprechend aus. Jetzt fängt auch der linke Fuß an, gleiche Symptome wie beim rechten Fuß. Mit den Stöcken gehts. Aber ich hab noch weit über 1000 km vor mir. Kann, neben den neuen Schuhen, auch an der Hitze liegen. Wenn man zu viel Flüssigkeit verliert, entzünden sich die Sehnenscheiden. Also trinke ich wie ein Weltmeister (tut außerdem den Stimmbändern gut, Hallooo, Kantorei!!)).

In der auf einem Hügel freistehenden Chapelle bei Baradieu       Laudate im dämmrigen Innen, am angrenzenden Friedhof Wasser aufgefüllt. Runter zum See, matschig, über einen Bach, 200 m durch Sumpfgebiet falsch gelaufen, korrigiert.

In Condom will ich sehen, ob ich Creme für meine Füße bekomme. Außerdem muss ich einen 500 Eur-Schein klein machen, den kann ja keiner wechseln. Aber: Montag in Frankreich!! Sonntag hat alles offen, dafür Montag alles zu. Zufällig hat die Apotheke am Stadtplatz Notdienst. Ich versuche, meine Beschwerden zu erklären, sie optisch darstellen, indem ich Schuhe und Strümpfe ausziehe, möchte ich aus olfaktorischen Gründen nicht. Die Apothekerin will mir immer Hitzesalben anbieten, genau das Falsche. “Entzündung” steht auch nicht meinem Lilliput-Wörterbuch, ich versuchs also mit “Contraire”. Schließlich bringt sie mir ein Arnika-Gel und eine Muskelentspannungssalbe. Na ja, besser als nix; bin erleichtert, wenigstens etwas zu haben. Kaffee, Cola, Chocoladrine, sitze gemütlich am großen Platz vor der Kathedrale. Kirche mit schönem gotischen Chor,       Laudate .

Heiß geht es weiter, oft über schattenlose Höhen. Hinunter ins Tal durch kurzes Grün, über die romanische Pont d’Artigues. Grüner Fußweg durch die frisch geeggten Felder. Heiß, heiß, heiß. Immer wieder begegne ich einem Eselspilger, der ganz langsam im Tempo seines Esels geht, mich bei meinen Pausen dann wieder einholt. Kirchengeläut von rechts. in einer Baumoase auf schattenloser Höhe in einem Weinberg die kleine Kirche bei Routges. Klares Wasser, kleiner Friedhof mit dichtem Rasen an leicht geneigtem Hang, kühl, schattig, leichter Wind, still. Nur Vogelgezwitscher und Blätterwispern. So ein Pausenplatz. Schuhe aus, Strümpfe aus, beide Beine oberhalb der Knöchel hart geschwollen, Wasser. Mit den neuen Salben massiere ich vorsichtig, beide Beine in die Höhe. Es wird besser. Jetzt noch die Füße massiert. Ahhh! Dankbares       Laudate in dem winzigen Kirchlein.

Nach 1 Std. weiter in die Hitze, mühsam, die Beine und Füße tun weh. Montreal. Kühles Cola. Kirche offen, aber nicht leer, kein Laudate. Steil runter, ins Tal, noch 2 km Landstraße bis zum Quartier, heute Zimmer in Bauernhof. Netter Empfang, frisches Bier, ein Radfahrer, Dieter aus Passau ist weiterer Gast. Zimmer mit Waschbecken, Familienklobenützung nachts, Dusche und WC über Straße im anliegenden Campingplatz, auf dem Dieter zum ersten Mal in seinem Leben im Zelt übernachtet und auch der Eselspilger seinen Platz gefunden hat. Abendessen zu zweit, Bayer zu Bayer, Käsenudeln en masse, von der Tochter des Hauses gekocht, Hühnchenschlegel, von denen Dieter meins mitisst. Noch ‘nen Roten. Gut geschlafen.

Dieter hat mir seinen Tagebucheintrag von diesem Tag geschickt. Hier ist er.

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