Mittwoch, 7. April 2004, 21 km
Wetter: Sehr kalt, Schnee, nachmittags Sonne und trocken
Da mein Zimmer ein 2-Bett-Zimmer war und auf der Preisliste für das einzelgenutzte 2-Bettzimmer ein Zuschlag von 20.– sfr und das Frühstück zusätzlich mit 15.– annonciert war, hatte ich mich hierfür bereits gewappnet mit “Wegelagerei, klar, Gasthaus zum Steg, Brückenzoll erheben etc etc”. Der Wirt verlangte aber ganz brav nur den Preis für ein Einzelzimmer, Frühstück incl. Wieder was gelernt: Nie vorher aufregen.
Frühstück OK, ich starte hinaus in Regen und Schneeregen. Am Eck behauptet sich ein Blütentraum. Der Jakobsweg führt weg von der Straße, einen steilen Waldweg hinauf. Dort schlittert mir ein Auto langsam quer entgegen und ich beschließe, doch besser einfach auf dem Radweg entlang der Straße zu gehen. Ausserdem komme ich dabei an der Kirche vorbei.
Der Pfarrer gibt mir freundlich den Pilgerstempel: “Woher kommen Sie?” “Aus Ulm” “Ach, fast Nachbarschaft; hier kommen viele Leute vorbei aus Dresden und Leipzig, ungetauft, die wissen gar nicht, warum sie den Jakobsweg gehen; und sie tuns trotzdem.”
Ich lasse den Schneeregen schneien und verkrieche mich in den gemütlich warmen Anorak. Langsam wird’s dann wohlig feucht-warm. Entlang der Straße 2 Std bis Wald. Dort Mittagessen (Thainudeln), ein netter Mann setzt sich zu mir an den Tisch, Stadtrat von Wald, Dudelsackspieler, erzählt von den Schweizer Pfeifertreffen, rät mir einen guten Weg über die Täler und Höhen, südlich der Bundesstraße weiter nach Rapperswil.
Hier treffe ich 2 mal mit Hunden zusammen: Mitten auf einem Weg um einen einsamen Hof versperrt mir der treue Hund den Durchgang. Er sitzt dort, heult mit emporgerecktem Kopf die nicht vorhandene Sonne an. Ganz überzeugend klingts nicht, und so wage ich, ihn schon von weitem zu beruhigen. Dabei lege ich möglichst viel Obertöne in meine Stimme in der Annahme, die könne er besser hören: “Jaaaa, du bist ein guter Hund” Er scheints zu verstehen, kommt, noch knurrend, auf mich zu “Ohhhhh, bist Du ein schöner Hund” Eitel wie er ist, schnuppert er an mir und scheint zufrieden. Ich kann weitergehen. Da kurvt das Herrchen im Geländewagen aus dem Hof, der Hund erinnert sich an seine Pflicht und erschreckt mich nochmal heftig, indem er hinter mir herhetzt und mich verbellt. Braver Hund.
Das Wetter beruhigt sich auch. Der Jakobsweg führt plötzlich fast intim hinter einem Haus vorbei, Spielsachen liegen rum, dann eine schmaler Wiesenpfad, versperrt durch einen Elektrozaun und einen schwarz-weißen Köter (eigentlich war er ganz nett, denn er reagiert wie der Hofhund). Zwei Mädchen, die Ponys striegeln, lassen sich durch mein Rufen, ob “man da durchkönne” nicht stören und reagieren überhaupt nicht. Ich öffne also den Elektrozaun, gehe durch und der Hund rennt zu den Mädchen und bellt die an. Braver Hund.
Am Zürichsee Aprilwetter. Auf dem Weg von der Jugendherberge über das Kirchlein St. Martin nach Rapperswil tolle Wetterstimmung: Regen, Sonne, Regen. Im Internetcafe von Rapperswil für 32.– sfr ersten Tagebucheintrag gemacht (wird wohl ein teures Tagebuch). In der Jugendherberge in Jona wieder 4-Bettzimmer für mich allein, diesmal Betten die auch für ausgewachsene Mannsbilder taugen, bei denen man sich nicht beim Aufsetzen gleich den Schädel am oberen Bett anhaut.
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