12. Tag

Vom Rifugio Verenetta über Roana und Asiago nach Campomezzavia.

Schorsch ist verschwunden.

Er scheint letzte Nacht Hals über Kopf abgereist zu sein. Er hat sich anscheinend bei uns nicht arg wohlgefühlt.

Andacht in der kleinen Kapelle.

Anstieg durchs Gelände, den steilen Abhang hoch, gerade richtig, um warm zu werden.

Dann immer einem bequemen, teilweise schottrigen Waldweg entlang abwärts. Irgendwo muß rechts ein Abzweig kommen, wo wir noch ein längeres Stück Aufstieg haben. Da ist er.

Wir steigen zügig an, gleichmäßige Schritte, gleichmäßiger Atem.Wunderschöner verwunschener Waldpfad, gelegentlich den Forstweg kreuzend, immer bergab. Ein Teil der Gruppe wird von einem Wespenschwarm arg zerstochen. Peter aus Bremen ist schockgefährdet, hat aber ein Gegenmittel dabei. Kurz vor Roana, noch im Wald, warten wir wieder aufeinander. Christof  rezitiert: “Zu Dionys, dem Tyrannen schlich….”. Weiter durch den Wald hinunter auf die schöne Sonnenwiese vor Roana. Ein Teil der Gruppe beschließt, hier eine kleine Pause einzulegen und erst anschließend zum Gasthaus zu kommen.

Sonne, Wärme, klare, würzige Luft, Ruhe.

Um 12:00 Glockengeläut aus allen Himmelsrichtungen.

Wir brechen auf ins Dorf. Heiße Schokolade schmeckt. Der Wirt, sein Sohn und seine Schwiegertochter singen einige kimbrische Lieder. Das angebliche Altbayrisch kann ich nicht entdecken. Wir gehen los. Kurz vor dem Ortsende stellen wir fest, daß jemand feht: Peter und Heide. Christof läuft zurück. Heide hatte am Waldrand ihre Brille liegen lassen und Peter,  der Treue,  war mit ihr den ganzen weiten Weg zurückgegangen, ohne jemand Bescheid zu sagen (vielleicht war auch keiner sonst da). An der Kirche haben sie dann brav gewartet, da sie das Gasthaus nicht gefunden hatten. Heide war arg betroffen, daß sie nicht gleich vermißt worden war. Ich fühle mich angesprochen.

Ziemlich langer Weg über die Straße hinunter zur Brücke über die erstaunlich tiefe Schlucht. Gut, daß wir nicht unten durch müssen.

Steiler Wiesenanstieg über Privatgelände, der brave Schäferhund will uns vertreiben, zieht dann aber doch den Schwanz ein vor so vielen Leuten.

Durch Campovere, wieder über Wiesen, teilweise gedüngt, auf Karrenweg nach Asiago. Pause vor der Kirche bis 15:00 Uhr. Dann Kirchenbesuch. “Laudato si” zusammen mit Friderike, die dank mehrerer Wespenstiche etwas von der Rolle ist. Dann erzähle ich eine Geschichte, die, wie das Bild der Hände, etwas mit Geborgensein zu tun hat.

 Ein Mann war gestorben. Als er Gott gegenüberstand, zeigte dieser ihm Fußspuren im Sand; Fußspuren von zwei Personen. “Die eine Spur ist von dir, die andere ist meine” sagte Gott zu dem Mann; “du siehst, ich bin dein ganzes Leben bei dir gewesen,” “Aber sieh’ mal” antwortete der Mann, “dort, wo es mir ganz schlecht ging, da ist nur eine Spur zu sehen, da hast Du mich verlassen.”

“Das sind meine Fußspuren” erwiderte Gott “als du ganz darniederlagst, da habe ich dich getragen.”

 Weiter, hinaus aus Asiago, schmaler Pfad, einige Kühe versperren uns den Weg und wissen nicht wohin. Wir umrunden sie. Golfplatz. Ich möchte gerne den Weg durch den anschließenden Wald gehen, um möglichst viel Straße zu vermeiden. Christof wird von einem Platzarbeiter angemosert und pfeift mich zurück. Wir durchqueren den Golfplatz und gehen Straße.

Abendlicher Weg über Matten, parallel aber abseits der Autostraße. Ganz schön.

Der letzte Kilomenter bis Campomezzavia ist Straße, aber ich weiche auf die angrenzenden Almwiesen aus. Da muß man zwar gelegentlich über einige Hügel, aber als Abschluß gefällt mir das gerade.

Nach dem offiziellen Teil sitzen noch einige in der “Bar”. Die ist zwar nicht sehr gemütlich, aber dafür sind die Mitwanderer, die eng zusammenrücken, um so netter.

Etwas laute und unruhige Nacht in einem Viererzimmer.

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